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Gruselgeschichten (Für Jungs)

Titanic

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Hi,ich hab in dem Mädchenforum ein Interessanter Thread entdeckt nähmlich Gruselgeschichten.Dann hab ich mir überlegt:warum auch nicht für Jungs?Hier können Jungen ihre Gruselgeschichten schreiben!Ich fang mal an.(auf eigene Gefahr.Ich übernehme keine Haftung bei Alpträumen ;)

Die Mörderpuppe

Die enge Verwandtschaft von Chucky, der Mörderpuppe. Eine spannende Gruselgeschichte, eingereicht von Jaqueline Barkmann. Ganz vielen Dank!


Vor zwei Wochen war Lucys Mutter gestorben. Die Todesursache war noch nicht geklärt, man hatte sie tot am Waldrand gefunden, von Schrammen und Stichen übersät. Man vermutete, sie sei von einem Bären angegriffen
worden. Das war in der Gegend nichts Besonderes. Lucy war noch lange nicht darüber hinweg. Außerdem waren gerade Ferien und sie hatte keinerlei Ablenkung. Ihr Vater Thomas kümmerte sich rührend um sie und stellte seine eigene Trauer in den Hintergrund. Jeden Morgen frühstückten sie gemeinsam in der Küche und unterhielten sich über alles Mögliche, solange es nicht um ihre Mutter ging.
So war es auch am Sonntag. Die Sonne schien auf die Küchenplatte, an der Thomas gerade Toasts mit Marmelade bestrich. "Hey, Dad", gähnte Lucy und setzte sich an den Tisch. "Hey, alles klar?", fragte ihr Vater und lächelte sie an, so gut es ging. Lucy zuckte nur mit den Achseln und schüttete sich Milch in ein Glas. Nachdem sie sich über das Wetter augelassen hatten und über die Fahrt nach Sylt, die bald stattfand, unterhalten hatten klingelte es unerwartet an der Tür. "Ich geh schon", sagte Lucy und öffnete die Tür. Doch niemand war da, es stand nur ein großes Paket auf der Fußmatte. Lucy hob es unter Ächzen hoch und schleifte es in die Küche. "Wer war da? Der Postbote?", fragte Thomas. "Keine Ahnung. Da stand nur das Paket. Guck mal, es ist für mich", Lucy deutete auf einen Aufkleber an der Seite. "Für Lucy" stand darauf. Aber nirgends war ein Absender verzeichnet. "Ist bestimmt ein Brief dabei", murmelte Lucy und öffnete das Paket. Eine hölzerne Puppe grinste sie aus einem rot bemalten Mund an. "Eine Bauchrednerpuppe! Vermutlich von Tante Margaret!", sagte Thomas begeistert. Lucy fand das Geschenk nicht so toll. Aber sie brauchte sich auch bei niemandem zu beschweren, denn es war kein Brief enthalten.
"Wer das wohl geschickt hat?", fragte Lucy sich den ganzen Abend. Da ihr das Grinsen der Puppe nicht sehr geheurer war, stellte sie den Holzkopf unter der Treppe ab. Dann ging sie schlafen. Doch in der Nacht plagte sie ein fürchterlicher Traum...

>>Eine Stimme sagte in einem gruseligen Ton zu ihr: "Lucy, ich stehe unten an der Treppe! Lucy, ich komme rauf zu dir! Lucy, ich stehe vor deiner Tür! Ich komme jetzt rein! Lucy, ich stehe vor deinem Bett! Lucy, ich...erwürge dich!!!"<<

Vom Schrecken gepackt fuhr Lucy hoch. Nur ein Alptraum! Der Tod ihrer Mutter machte ihr wohl doch sehr zu schaffen. Gerade wollte sie beruhigt aufstehen, als sie etwas an ihrem Bettende entdeckte... die Puppe! Sie grinste Lucy unschuldig an. Der blieb fast das Herz stehen. Aber sie redete sich ein, schlafgewandelt zu sein. Ihrem Vater erzählte sie lieber nichts, sonst würden sie womöglich nicht nach Sylt fahren. Am Abend packte Lucy die Puppe erneut unter die Treppe, diesmal schloss sie sie aber in den Schrank ein. Sie würde ja wohl kaum den Schlüssel umdrehen und die Puppe aus dem Schrank holen. Doch in der Nacht träumte sie wieder diesen furchtbaren Traum...

>>Wieder sagte die Stimme: "Lucy, ich stehe unten an der Treppe! Lucy, ich komme rauf zu dir! Lucy, ich stehe vor deiner Tür! Ich komme jetzt rein! Lucy, ich stehe vor deinem Bett! Lucy, ich...ersteche dich!"<<

Wieder fuhr Lucy hoch; wieder saß die Puppe an ihrem Bettende! Und diesmal lag ein Messer direkt neben ihr! Lucy schrie so laut, dass ihr Vater ins Zimmer kam, um sie zu beruhigen. Lucy vergrub den Kopf in seinen Armen und weinte. "Was ist los, Schatz?", fragte er. "Die Puppe! Sie...sie..." Doch als Lucy unter seinen Armen hervorlugte, saß die Puppe friedlich da, ohne Messer. Hatte sie sich alles nur eingebildet? "Nichts. Nur ein Alptraum", sagte sie schnell zu ihrem Vater. "Okay. Kommst du dann runter?" Und er verließ das Zimmer.
An diesem Abend konnte Lucy überhaupt nicht einschlafen. Deshalb holte sie die Puppe und warf sie nach draußen in die Mülltonne. Aber ihr war trotzdem nicht viel wohler. Die Bettdecke schien sie zu erdrücken. Deshalb öffnete sie das Fenster. Konnte die Puppe aus Mülltonnen kriechen? Als Lucy über dieser Frage doch einschlief, begann wieder ein Traum...

>>Wieder die Puppe, die zu ihr sprach: "Oh, oh Lucy, du hast ja das Fenster offen gelassen! Da konnte ich ja reinkommen! Jetzt habe ich mein Messer wieder, und weißt du, was ich tun werde? Ich ersteche deinen Vater, genau wie deine Mutter mein Opfer wurde! Und mit kehligem Lachen verschwand die Puppe aus dem Zimmer.<<

Lucy fuhr dieses Mal so ruckartig hoch, dass sie sich den Nacken verdrehte. Sie musste zu ihrem Vater! Hastig stürmte sie los. Doch auf dem Bett fand sie nicht ihren Vater, zumindest nicht im Ganzen. Er lag zerstückelt da... Lucy würgte. Da schloss sich plötzlich die Tür vom Schlafzimmer und die Puppe drehte den Schlüssel im Schloss. Kein Ausweg. Und dies war kein Traum, sondern Realität! Die Puppe kam auf sie zu. "Die Mörderpuppe ist wieder da! Und du bist jetzt auch dran!!!", lachte sie höhnisch.
Lucy trat zurück und dachte an den Film "Chucky, die Mörderpuppe". Sie hatte ihn immer sehr gruselig gefunden und nun erlebte sie ihn mit! "Tja, ich bin ein entfernter Verwandter von Chucky, wie du wohl schon glaubst. Aber er ist lieber ins Filmgeschäft gegangen, daher muss ich alles erledigen!" Wieder lachte die Mörderpuppe und nun hob sie das Messer. "Stirb!" Und sie lief auf Lucy zu und stach ihr mitten ins Herz. Um das Mädchen herum wurde es schwarz...
Rund um den Ort herum gab es noch mehr ungelöste Todesfälle. Und man wusste nur, dass den Opfern je ein Paket ohne Absender geschickt wurde...
 

Titanic

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Thaaaaaaaaaaanks ^^ fande die auch gut.Hier noch eine:

Der unheimliche Schwimmer (von Klaus Frank)

Gregory Norman kannte den Anblick des alten, geschlossenen Hallenbades seit Jahren. Es war ihm so vertraut wie das Gesicht eines Verwandten. Aber nun, da er die Stufen bis zum Eingang emporstieg, änderte sich die Perspektive, und es schien, als erwache er aus einem Traum. Er war als Käufer hier. Noch letzte Woche hatte er nie daran gedacht, ein Hallenbad zu kaufen, aber durch Zufall hatte er von dieser Angelegenheit und vom Spottpreis, der verlangt wurde, erfahren. Natürlich ging es ihm nicht um das Hallenbad – das war baufällig und seit Jahrzehnten nicht mehr rentabel -, sondern um das Grundstück. In ihm schlummerte eine Goldgrube, das war Gregory sicher.
"Hören Sie", sagte er und wandte sich dem Mann zu, der ihn begleitete. "Es ist wirklich nicht nötig, dass wir es uns ansehen. Ich kauf´s ja nur, um es abzureißen."
John MacDonald, der jetzige Eigentümer, zauberte ein Lächeln hervor, das einer Bitte gleichkam. Lass es uns anschauen, sagte er. "Es dauert nur wenige Minuten. Das Gebäude ist nicht absonderlich groß."
Absonderlich, dachte Gregory mit gerunzelter Stirn. Mehr und mehr gelangte er zu der Ansicht, dass MacDonald ein Spinner war, der dem Lauf der Welt nicht zu folgen wusste. Irgend ein Fetischist, dachte er, der ausgestopfte Tiere oder Bilder von Unfallopfern sammelte. Der Gedanke, mit diesem Mann in ein einsames Gebäude einzudringen, gefiel ihm nicht.
"Wie sind Sie eigentlich an dieses Grundstück gekommen?" fragte er plötzlich. "Gehörte es nicht früher einmal der Stadt?"
MacDonald nickte. Er schloss die breite Eingangstür auf und ließ Gregory den Vortritt. "Das ist richtig. Ich habe es ihr vor zehn Jahren abgekauft, als die Kassen leer waren und die Stadt Geld für Projekte benötigte, die lohnender waren." Seine Stimme hallte von den nackten Wänden wider. "Leider brauche nun ich Geld und muss mich hiervon trennen." Er breitete die Arme aus und schaute Gregory auffordernd an, als handelte es sich um mehr als ein verfallenes Gebäude.
Sie standen in einem leergefegten Foyer, in dem früher Sitzgruppen für Gemütlichkeit gesorgt hatten; jenseits der beiden Drehkreuze, durch die man früher nach Bezahlung gehen konnte, führten Gänge zum Becken und zu den Umkleideräumen. Gregory fühlte, wie sich seine Lunge mit muffiger Luft füllte, die, wie er glaubte, vor Schimmel troff. Es roch brackig, und er verzog das angewidert das Gesicht. Herrgott, er wollte nicht hier sein.
"Man gewöhnt sich dran", sagte MacDonald, der das Mienenspiel beobachtet hatte. "Es ist nicht angenehm, aber man gewöhnt sich dran."
"Man gewöhnt sich an alles, nicht wahr?"
MacDonald schien den zynischen Unterton nicht zu bemerken. "So ist es", sagte er feierlich und schritt durch eines der Drehkreuze. Gregory glaubte, ein Lächeln in seinem Gesicht gesehen zu haben.
Als sie in ein kleines Labyrinth aus schmalen Gängen eintauchten, von denen rechts und links einige Dutzend Türen zu den Umkleidekabinen abzweigten, spürte Gregory, wie warm es hier war, fast schwül. Er begann unter seiner Kleidung zu schwitzen. Die Wände und der Boden waren gekachelt, aber viele der einst hellblau und türkis schimmernden und nun staubiggrauen Fliesen waren fort, als hätte jemand in regelmäßigen Abständen mit einem Hammer zugeschlagen, aus purer Freude an Zerstörung. Zurückgeblieben war schwarzer Mörtel.
Die bislang vorherrschende Düsternis wurde schwächer, weil aus der Richtung, in der sie gingen, ein Schwall Tageslicht zu ihnen drang. Bald darauf endete der Gang, und sie gelangten zum Schwimmbecken, an dessen gegenüberliegendem Rand die Startblöcke und zwei gewaltige Springtürme aufragten. Schichten aus Schimmel – fast wie ein Webteppich, dachte Gregory – überwucherten das riesige Dachfenster. Ein schaler, bitterer Geschmack machte sich in seinem Mund breit.
"Da is´ ja Wasser drin", sagte er überrascht. Es war kein klares Wasser, das er im bis zum Rand gefüllten riesigen Becken erblickte, kein verlockendes Schwimmbadwasser. Dieses Wasser hier war dunkelgrün und tot und – wie mit einer erstarrten Haut überzogen - völlig still. Am Beckenrand trieben aufgeweichte, unkenntliche Müllbrocken und einige tote Tiere, teilweise von der Verwesung ausgetilgt. Er sah das schwarze Fell einer Katze, die sicherlich noch nicht lange dort treiben konnte. Ihre todesstarre Schwanzspitze durchstach von unten die Wasseroberfläche. Ein leises Grausen überkam ihn, als er sich vorstellte, dort hineinzufallen.
"Wie..." Er wollte MacDonald fragen, welche Erklärung er für die toten Tiere im Wasser hatte – und welche für das Wasser überhaupt -, aber als Gregory sich umwandte, sah er niemanden. "Mr. MacDonald!" rief er in die Stille des Hallenbades hinein. Der Hauch eines Echos kam zu ihm zurück, aber dies war die einzige Antwort, die er erhielt. Verärgert stieß er die Luft aus. Gerade wollte er gehen und MacDonald suchen, da hörte er hinter sich ein leises Glucksen. Gregory wirbelte herum und starrte auf das widerlich grüne Wasser. Konzentrische Kreise bewegten sich dort, Miniaturwellen gleich, die zögernd zerfaserten. Als er näher an den Beckenrand heranging, sah er die Luftblasen, die vom Grund her aufstiegen.
Himmel, was war das? Es war unmöglich, durch das Dreckwasser den Boden zu erkennen. War es möglich, dass dort ein Fisch schwamm? War dies ein Aquarium, und hatte MacDonald ihn nur hier hingeführt, damit Gregory seine Begeisterung teilen sollte?
Plötzlich riss er verblüfft die Augen auf. Ein Schatten schwamm, durch das Wasser seltsam auffasernd, etwa einen Meter unterhalb der Oberfläche. Er konnte nicht erkennen, um welche Art Fisch es sich dabei handelte, aber er musste sehr groß sein, musste menschliche Ausmaße haben. Dann verschwand der Schatten in der Tiefe.
Er musste MacDonald ausfindig machen und ihm Fragen stellen. Er war plötzlich gar nicht mehr so sicher, ob er diesen Kauf wirklich tätigen wollte. Es war besser, wenn er nochmals in aller Ruhe darüber nachdachte, weitab von riesigen Fischen und Tierkadavern, die im Wasser schwammen. Gregory machte einen Schritt, um die Schwimmhalle zu verlassen, als er Wasser plätschern hörte und etwas mit unerbittlicher Härte seinen rechten Knöchel packte. Sein Bein wurde zur Seite gerissen, über den Beckenrand hinaus, und Gregory verlor den Halt. Schmerzhaft stürzte er zu Boden und prellte sich die Hüfte. Ein Schrei kam über seine Lippen. Sein Bein befand sich bis zum Knie im Wasser, das unangenehm warm war. Er konnte nicht sehen, was ihn hielt und ruckartig weiter auf das Wasser zuzog
Voller Verzweiflung versuchte er, Halt zu finden – es kostete ihn Haut und Nägel seiner Finger -, jedoch konnte der Boden, obschon rissig, ihm keinen bieten. Er stemmte sich mit aller Macht zurück, aber der Griff um seinen Knöchel gab nicht nach.
"MacDonald!" kreischte er. "Helfen Sie mir!" Der Verkäufer blieb verschwunden, und Gregory begriff, dass die Besichtigung nur dem Zweck gedient hatte, ihn diesem Wesen zu opfern.
Mit einem müden Plätschern rutschte Gregory mit dem Gesäß ins Wasser.
"Nein!" keuchte er. Er weinte und schluchzte. Dann, als nur noch sein Kopf und die Schultern und eine blutige Hand, mit der er sich festhielt, aus dem Wasser ragten, sah er den Mann aus einem Gang kommen, der zu den Saunaräumen und Dampfbädern führen konnte, und Gregory schrie erneut: "Bitte, helfen Sie mir!"
MacDonald blickte zu Boden.
"Bitte! O Gott – bitte!" Gregorys Mund klaffte auf wie ein Loch; die Augen hatte er so weit aufgerissen, dass sie fast aus den Höhlen sprangen. Es schien, als würde dieses letzte Wort kein Ende nehmen, aber schließlich ging es in ein Gurgeln über, als der Mörder mit einem letzten unerbittlichen Ruck sein Opfer zu sich holte. Seine Hand ragte für eine Sekunde aus dem Wasser und ballte sich zur Faust. Dann verschwand sie.
Gregory wehrte sich voller Verzweiflung und drosch und trat blind um sich. Einige Male traf er den unheimlichen Schwimmer, aber er schaffte es nicht, der Umklammerung zu entkommen.
Das Blut rauschte in seinem Kopf. Zuckend wand er sich im Wasser, dann erlahmten seine sinnlosen Bemühungen. Die Bestie zog ihn tiefer, und er wehrte sich nicht mehr. Gurgelnd schossen Luftblasen nach oben, als Gregory seinen Mund öffnete und warmes Wasser seine brennenden Lungenflügel füllte.
John MacDonald war bis nahe an den Beckenrand vorgetreten. Er sah Schatten und Schemen in der Nähe des Grundes; einmal war Normans panisch verzerrtes Gesicht so nah, dass er es hätte berühren können. Es schien, als würde er unter Wasser einen Schrei ausstoßen. Gänsehaut überzog seinen Körper, als er sich den aussichtslosen Kampf vorzustellen versuchte. Der arme Mann, dachte er mitleidig, solch ein elender Tod. Aber was soll ich tun?
Das Wasser schwappte über den Rand und nässte seine Schuhe, aber er trat nicht zurück. Er wartete zehn Minuten, bis er sicher war, dass Gregory Norman verschwunden blieb. Der Schwimmer fraß seine Opfer vollständig auf, solange sie noch warm waren. Tiere verschmähte er. Manchmal machte MacDonald ihm eine Freude und warf Katzen und kleine Hunde, die zutraulich genug waren, sich einfangen zu lassen, ins Wasser, aber das Wesen sah in ihnen keine Nahrung. Er spielte eine Weile mit ihnen und ließ sie dann gelangweilt an die Oberfläche treiben.
MacDonald schaffte das Futter heran und war heilfroh, dass jenes Ding, das er nie gesehen hatte, ihn als Ernährer anerkannte. Es konnte aus dem Wasser kriechen, MacDonald hatte die getrockneten Spuren seiner annähernd menschlichen Füße gesehen, aber es zog das nasse Element vor und war offenbar so phlegmatisch – und damit eindeutig menschlich -, dass es auch dort blieb, wofür MacDonald sehr dankbar war.
 

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© DIE ZEIT 28.10.2004 Nr.45

Eine Erzählung von Paul Maar, für die ZEIT geschrieben zum Vorlesen – nicht nur am bundesweiten Vorlesetag »Große für Kleine«
Ich will von einem Jungen erzählen, der keine Geschichten erzählen konnte. Er hieß Konrad und wohnte in Redelburg am Inn. Wenn zum Beispiel Konrads kleine Schwester fragte: »Konrad, erzählst du mir eine Geschichte?«, antwortete er »Du weißt doch: Ich kann keine Geschichten erzählen.« Konrads kleine Schwester hieß übrigens Susanne. Manchmal konnte Susanne nachts nicht einschlafen und drehte sich so lange hin und her, bis ihr Bruder drüben im anderen Bett wieder wach wurde und flüsterte: »Jetzt schlaf doch endlich auch!« Aber wenn sie dann sagte: »Ich kann erst einschlafen, wenn du mir eine Geschichte erzählst«, antwortete Konrad bestimmt: »Du weißt doch: Ich kann keine Geschichten erzählen.« Konrads Eltern erzählten liebend gern Geschichten. Früher hatten sich sein Vater und seine Mutter kaum einigen können, wer den anderen zuerst eine Geschichte erzählen durfte. Deshalb beschlossen sie, dass mal der eine, mal die andere erzählen dürfe, immer schön abwechselnd. Zu diesem Zweck führten sie eine Liste. Hatte Vater eine Geschichte erzählt, schrieb Mutter mit dem Bleistift ein R aufs Papier, nach Mutters Erzählung malte Vater ein schönes rundes O. Das R und das O erklärt sich daraus, dass Konrads Vater mit Vornamen Roland hieß, seine Mutter Olivia. Neuerdings stand zwischen all den R und O manchmal ein winziges S. Das bedeutete »Susanne«. Konrads Schwester fing nämlich auch schon an, Geschichten zu erzählen, allerdings recht kleine. Aber sie war ja auch noch klein. Meistens hatten Vater und Mutter beim Frühstück einen Bleistift neben der Teetasse liegen, um gleich ein O oder R in die Liste eintragen zu können, wenn der andere eine Geschichte begann. Denn am liebsten erzählten sie während des Frühstücks. Besonders am Samstag oder Sonntag. Nun kann man ja nicht immer gleich erkennen, ob es sich um eine Geschichte handelt, wenn einer etwas sagt. Ein Satz wie: »Olivia, würdest du mir bitte mal die Erdbeermarmelade reichen?« ist noch keine Geschichte. Aber es kam vor, dass Vater dann mit dem Marmeladenglas in der Hand versonnen vor sich hin guckte und so anfing: »Das erinnert mich an meinen Großvater. Einmal, da war ich vielleicht acht oder neun, fragte Opa beim Mittagessen nach Erdbeermarmelade. Beim Mittagessen, wohlgemerkt. Wir dachten erst, wir hätten uns verhört, denn es gab Sauerbraten mit breiten Nudeln, wie immer am zweiten September…« Das führte natürlich dazu, dass Mutter sofort nach dem Bleistift griff und ein neues R in die Liste eintrug. Überhaupt führten alle Sätze, die mit »Einmal«, »Vor langer Zeit«, »Eines Tages« oder gar mit »Es war einmal« begannen, unverzüglich zu einem neuen O oder R auf der Liste. Seinen Eltern war es natürlich aufgefallen, dass Konrad keine Geschichten erzählen konnte, und sie grämten sich deswegen. Aber sie trösteten sich gegenseitig und sagten oft: »Es wird schon werden« oder »Manche Kinder entwickeln sich eben langsamer als andere« oder »Man darf ihn nicht drängen«.
Als Konrad zwölf Jahre alt war und immer noch keine Geschichte erzählen konnte, drängten sie ihn doch. Es war Samstagmorgen, die Familie saß am Frühstückstisch, da sagte Vater: »Vielleicht hat Konrad ja Lust, eine Geschichte zu erzählen.« – »Das wäre schön«, sagte Mutter. »Heute ist ein so gemütlicher Regentag.« Konrad sagte: »Ihr wisst doch: Ich kann keine Geschichten erzählen. Ich weiß einfach nicht, wie es geht.« – »Erzähl uns einfach, was du gestern erlebt hast«, schlug seine Mutter vor. »Gestern war ich in der Schule. Wir hatten erst Mathe, dann Deutsch, dann Bio und dann zwei Stunden Sport. Dann bin ich nach Hause gegangen und habe Hausaufgaben gemacht. Dann habe ich noch ein bisschen am Computer gesessen, und später bin ich dann ins Bett gegangen«, sagte Konrad. Vater und Mutter blickten sich an und schüttelten den Kopf. Nein, das war keine Geschichte. »Versuch es mal so: Denk dir einfach irgendeine Geschichte aus«, sagte sein Vater. – »Einfach ausdenken? Ihr wollt, dass ich lüge?«, fragte Konrad empört. – »Nein, du sollst etwas erfinden. Das ist was ganz anderes«, sagte Vater. »Fang doch mal so an: Vor langer, langer Zeit…« – »Vor langer Zeit ist mir viel zu ungenau«, sagte Konrad. »Da müsste ich erst wissen, was du unter einer langen Zeit verstehst, Papa.« Seine Mutter sagte: »Dann versuch es doch mal mit diesem Anfang: Eines Tages…« – »Was heißt eines Tages?«, fragte Konrad. »Woher soll ich wissen, von welchem Tag du sprichst, Mama?« Konrads Mutter seufzte. Seine kleine Schwester Susanne kam ihm zu Hilfe. »Ich fange immer so an: Es war einmal eine Maus«, fing sie an. – »Spitzmaus, Hausmaus oder Wühlmaus?«, fragte Konrad, der sich in Biologie bestens auskannte. »Die Mäuse gehören zur Gattung der Nagetiere. Man unterscheidet zwei Gruppen, die echten Mäuse und die Wühlmäuse.« Nun seufzte auch sein Vater. »Er weiß wirklich nicht, wie man Geschichten erzählt«, sagte er leise zu seiner Frau. »Vielleicht sollten wir ihn mal zu Fräulein Muhse schicken«, flüsterte die Mutter. »Sie könnte ihm das Erzählen bestimmt beibringen.« – »Das würde ihn aber ziemlich anstrengen. Er ist nicht sehr sportlich«, sagte Vater leise. »Er wird es schon durchstehen«, flüsterte Mutter. »Wir schicken ihn zu ihr, ja?« Das hatte Konrad wohl gehört. Er fragte: »Wo wollt ihr mich hinschicken?« – »Konrad, du leidest darunter, dass du keine Geschichten erzählen kannst«, fing Konrads Vater an. »Und deswegen…« Konrad unterbrach ihn: »Ich leide kein bisschen. Ihr erzählt schon so viele Geschichten. Weshalb sollte ich da auch noch welche erzählen?« – »Hm«, machte Vater und sagte zu Mutter: »Vielleicht kannst du es ihm klarmachen.« Mutter gab sich einen Ruck, setzte sich kerzengerade auf, und sagte: »Konrad, du gehst auf der Stelle zu Fräulein Muhse, Calliopestraße 12, sagst ihr einen Gruß von deinen Eltern, und sie möchte dir bitte das Geschichtenerzählen genau so beibringen wie uns damals. Die Rechnung soll sie dann an Papas Adresse schicken.« – »Jetzt gleich?«, fragte Konrad. »Aber es regnet doch.« – »Du kannst ja einen Regenschirm mitnehmen«, sagte sein Vater. »Und zieh deine Jacke an!«
Konrad hatte sich vorgestellt, dass Fräulein Muhse eine junge Frau sei. Schließlich hatten seine Eltern sie Fräulein genannt und nicht Frau. Aber Fräulein Muhse, die ihm die Tür öffnete, war eine sehr alte Frau. Sie trug eine runde Brille, ihre Haare, die sie hinten zu einem Knoten gebunden hatte, waren weiß. An ihren dichten, immer noch dunklen Augenbrauen konnte man sehen, dass die Haare wohl einmal tiefschwarz gewesen waren. »Aha, da haben dich deine Eltern also zu mir geschickt, damit du das Erzählen lernst«, sagte sie, bevor Konrad auch nur ein Wort gesagt hatte. »Mach deinen Schirm zu und komm rein, Konrad!« Konrad wunderte sich: Woher kannte sie seinen Namen? Zögernd folgte er ihr ins Haus. Das Haus Nummer 12 hatte von außen recht klein gewirkt. Merkwürdigerweise war es innen viel größer. Konrad folgte der Alten durch einen endlos langen Flur zu einer schmalen Treppe. Die Stufen waren kaum breiter als ein Schulranzen. »Bring das Päckchen bitte hoch zu meiner Schwester«, sagte sie und drückte Konrad ein kleines Päckchen in die Hand. »Aber lass es nicht fallen, es ist sehr, sehr wertvoll.« – »Ich dachte, Sie wollten mir beibringen, wie man Geschichten…«, fing Konrad an. Fräulein Muhse unterbrach ihn. »Alles zu seiner Zeit, alles zu seiner Zeit«, sagte sie und deutet auf die Treppe. »Du gehst voraus!« – »Dahinauf?«, fragte Konrad und betrachtete unschlüssig die schmalen Stufen. »Ja, dahinauf!«, befahl Fräulein Muhse und ließ Konrad vorangehen. Als er schon mehr als hundert Stufen hochgestiegen war, fragte er: »Wie ist das möglich? Ich habe das Haus doch von außen gesehn. Da war es einstöckig. Wir müssen jetzt mindestens im siebten Stock sein.« Niemand antwortete. Er drehte sich um und merkte, dass er allein war. Fräulein Muhse war ihm nicht gefolgt. Konrad rief: »Hallo, Fräulein Muhse?« Während er unschlüssig dastand und nach unten blickte, öffnete sich neben ihm eine niedrige Tür in der Wand. »Da bipst du ja endlich!«, sagte eine heisere Stimme. »Nun krach schon und komm hier schwein!« – »Wollten Sie sagen, ich soll hier rein?«, fragte Konrad. Er streckte den Kopf durch die Tür. Im Raum dahinter war es so finster, dass er kaum etwas erkennen konnte. Im ersten Augenblick glaubte er im Dunkeln eine Eule zu sehen. Aber er merkte gleich, dass er sich getäuscht haben musste, denn Eulen waren nicht so groß wie er selbst und trugen auch keine Brillen. »Natürlich wollte ich das schlagen«, sagte die Stimme. »Mach gefühligst deine Uhren auf, wenn man was zu dir sackt.« – »Wer… wer sind Sie?«, fragte Konrad. – »Sei nicht so neuschmierig. Willst du mich vielleicht essig warten lassen?«, keifte die Stimme. »Die Kinder heutzuschlage haben keine Achtung mehr vor dem Ulster.« – »Entschuldigung«, sagte Konrad, bückte sich und trat durch die Tür. – »Gleich weht’s abwärts!«, kicherte die Stimme. »Schnute Reise!« Im selben Augenblick merkte Konrad, dass der dunkle Raum hinter der Tür keinen Boden hatte. Er stürzte in ein großes Rohr und fuhr in rasendem Tempo nach unten. Er versuchte sich an den Rohrwänden festzuhalten, aber sie waren zu feucht und zu glatt. Nach einigen Sekunden wurde seine Fahrt ein wenig gebremst, weil das Rohr Kurven und Schleifen bildete, sich verbreiterte und dann sogar einen kleinen Bogen nach oben vollführte. Es kam Konrad vor, als sei er im Bauch eines lebendigen Wesens, das ihn verschluckt hatte und ihn nun durch sämtliche Innereien nach unten beförderte. Und, dachte er, hoffentlich wieder nach draußen entließ. Kaum hatte er so gedacht, spuckte ihn das Rohr aus, direkt vor die Füße von Fräulein Muhse. »Was suchst du immer noch hier?«, fragte sie, während Konrad aufstand und sich die Feuchtigkeit von der Hose wischte. »Hab ich dir nicht gesagt, du sollst die Treppe hochsteigen?« – »Ich war doch oben«, protestierte Konrad. »Ach was, oben«, sagte sie. »Und was hast du mit dem Päckchen gemacht?« – »Ich muss es unterwegs verloren haben«, sagte Konrad. »Es ist nicht mehr da.« – »So, es ist nicht mehr da!« Sie blickte ihn durch ihre runden Brillengläser streng an. »Gib es zu: Du hast es aufgegessen!« – »Nein, ich weiß ja nicht mal, was drinnen war«, sagte Konrad. »Wieso drinnen?«, fragte Fräulein Muhse. »Es war natürlich leer. Wenn zum Beispiel ein Pfirsichkern drinnen gewesen wäre, hätte ich nicht gesagt: ›Bring das Päckchen hoch‹, sondern: ›Bring den Pfirsichkern hoch.‹ Das ist doch wohl logisch, oder?« – »Ich weiß nicht«, antwortete Konrad zögernd. – »So, du weißt nicht«, wiederholte sie. »Ich will’s dir noch mal durchgehen lassen.« Sie fasste in eine Tasche ihres schwarzen Kleides, holte ein Päckchen heraus und reichte es Konrad. Er hätte schwören mögen, dass es dasselbe war, das sie ihm schon einmal in die Hand gedrückt hatte. »Hier«, sagte sie dabei. »Bring das bitte hinunter zu meinem Bruder. Wenn du nicht hinaufsteigen kannst, dann schaffst du es vielleicht nach unten.« – »In den Keller?«, fragte Konrad. – »Unsinn«, sagte Fräulein Muhse. »Du findest ihn im Erdgeschoss.« Und da Konrad sie ganz verwirrt anblickte, sagte sie: »Wir sind hier oben im siebten Stock, das weißt du doch! Jetzt geh endlich!« Vorsichtig stieg Konrad die schmale Treppe hinunter. Nachdem er mindestens hundert Stufen hinabgestiegen war, endete sie. Konrad stand in einem düsteren Flur. Er rief: »Hallo?« Niemand antwortete. Ob der Bruder von Fräulein Muhse wohl so hieß wie sie? Konrad versuchte es mit einem »Hallo, Herr Muhse! Hören Sie mich?« Da öffnete sich die Tür neben ihm. »Natürlich schwöre ich dich. Ich bin doch nicht staub!«, sagte eine krächzende Stimme. »Komm schnell wein!« Der Raum hinter der Tür war dunkel. Konrad spähte vorsichtig hinein. Wenn Biber Zigarren rauchen würden, Brillen trügen und so groß wären wie ein zwölfjähriger Junge, hätte er das Wesen da drinnen für einen Biber gehalten. Das Biberwesen fragte: »Worauf kartest du noch? Komm endloch nein!« Einen Augenblick zögerte Konrad. Er wollte nicht wieder in ein Loch fallen. Aber dann sagte er sich, dass man nicht gut nach unten fallen kann, wenn man schon unten ist, und trat ein. Im selben Moment spürte er, dass er wieder nach unten stürzte. Noch einmal musste er den langen, dunklen Weg durch die Eingeweide des Hauses machen, bis es ihn schließlich ausspuckte, genau vor die Füße von Fräulein Muhse. Sie zog erst lange an einer dünnen Zigarre und sagte dann: »Wie ich dich kenne, hast du das Päckchen wieder nicht abgegeben.« – »Nein«, sagte Konrad. Mutig fügte er hinzu: »Ich bin ja auch nicht hier, um Päckchen abzugeben, sondern um das Erzählen zu lernen.« – »Wie soll ich einem Jungen, der nicht mal ein Päckchen die Treppe hochtragen kann, das Erzählen beibringen!«, sagte sie und pustete Konrad den Rauch ihrer Zigarre ins Gesicht. »Geh mal lieber nach Hause, du bist ein aussichtsloser Fall.« Sie reichte ihm seinen Schirm, und Konrad ging zur Haustür. »Fräulein Muhse, die Tür ist abgeschlossen«, rief er von da. – »Wer geht schon durch die Haustür!«, sagte Fräulein Muhse. »Hier, da durch!« Sie öffnete eine Tür in der Wand neben ihm. »Gute Preise und alles Hüte«, sagte sie, verbesserte sich aber gleich. »Ich wollte sagen: Gute Reise und alles Gute!« Sie gab Konrad einen kleinen Schubs, und wieder glitt er durch zahllose Windungen nach unten, bis das Rohrsystem ihn schließlich ausspuckte. Diesmal landete er nicht vor Fräulein Muhse, sondern erstaunlicherweise auf einem Gehsteig, direkt vor seinem Elternhaus.
Seine Eltern und Susanne saßen immer noch beim Frühstück. Da kam Konrad ins Zimmer gestürmt und rief: »Ich muss euch was erzählen. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, was ich erlebt habe…« Konrads Eltern blickten sich glücklich an. »Na also!«, sagte seine Mutter und trug ein großes K in die Liste ein.
 
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